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Corona Resümee – Mädchenchor Steglitz

Rosemarie Arzt, die Chorleiterin und Stimmbildnerin, berichtet über die vielen Absagen während der Lockdownzeit:

»Tatsächlich habe ich versucht, den Mädchenchor Steglitz mit viel persönlichem Einsatz zu erhalten.

Als wir im März 2020 vom ersten Lockdown überrascht wurden, sollte 14 Tage später ein Probenwochenende im Kurt-Löwenstein-Haus in Werneuchen sein. Alles fiel bekanntermaßen aus, wir hatten dann noch zwei Treffen im Juni in Präsenz und hofften auf den Herbst.

Ab September 2020 trafen wir uns 14-tägig dienstags zur Chorprobe mit großem Abstand und mit weit geöffneten Fenstern. Die Woche/Zeit dazwischen machte ich Einzelstimmbildung jeweils mit 3-4 Mädchen, p. P. ca. 25 Minuten. Mit diesem Modell hoffte ich, den Mädchenchor am Leben erhalten zu können. Einige Mädchen, die ins Ausland gegangen waren, mussten wegen der Pandemie nach Deutschland zurückkommen und machten wieder mit bei diesem Zeitmodell, dass für sie zeitlich auch leichter zu bewerkstelligen war.

Die Zahlen gingen runter, wir planten erneut ein Probenwochenende (Fr–So) im Kurt-Löwenstein-Haus in Werneuchen am Wochenende vor den Herbstferien, wie wir das seit Jahren hatten. Wir hätten das Haus ganz für uns gehabt, es wären nur drei Menschen Personal vor Ort gewesen und wir hätten uns großzügig auf Schlafräume verteilen können. Der Plan war, im großen Saal zwar zu singen, aber in jeweils kürzeren Einheiten als üblich, mit vielen Lüftungspausen. Mit der Unterstützung eines Schauspielstudenten sollte viel Zeit für Übungen zur Präsenz genutzt werden, es sollte auch hier Einzelstimmbildung im großen Raum geben.

Leider wurde zwei Stunden vor Abfahrt (!!!) per Anruf auch dieses Probenwochenende vom Kurt-Löwenstein-Haus abgesagt. Die Brandenburger Landesregierung hatte „touristisches Übernachtungen" verboten, Argumente wegen einer Bildungsveranstaltung hatten kein Gewicht. Das war sehr bitter!

Aber wir durften immerhin Samstag und Sonntag in den Saal der Matthäusgemeinde, eine Mutter bekochte uns in der schönen, neuen Küche, der Schauspielstudent arbeitete mit uns allen und wir nutzten den Gemeindebeamer um uns Videos über das Singen anzusehen, uns über Künstlerisches auszutauschen und uns gegenseitig zu schildern, was Chorsingen für unser Leben bedeutet. Ein kleines Weihnachtsprogramm begann zu entstehen.

Wir hielten uns an die Coronaregeln und konnten trotzdem ein chorisches Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen, das war eine gute Erfahrung. Es war ein wirklich atmosphärisch, klanglich, stimmlich und menschlich ein ertragreiches Wochenende – trotz allem!

In der zeitlichen Mischung vom September 2020 arbeiteten wir weiter und hatten das Angebot bei der Stadtmission draußen einen kleinen a cappella Weihnachtsauftritt zu machen. Leider kam auch dieses Mal unser kleines, feines Weihnachtsprogramm nicht zum Einsatz, es wurde vier Tage davor abgesagt.

Ab Februar 2021 gingen wir zum Online Training über: jeweils in 2-3er Gruppen trafen wir uns in meinem digitalen Raum (nein, nicht Zoom), den ich seit Januar gemietet hatte, auch für meine vielen Gruppen im Kinderchor der Deutschen Oper. Wegen der Latenz war es nur mäßig befriedigend, und so kam mir die Idee für einen Online Workshop.

Ab Ende März 2021 habe ich dann ein Online-Projekt mit allen Mädchen einzeln gemacht, Thema war „Das klassische Lied" (Schumann, Brahms, Beethoven, etc.). Ein Freund hatte mir die Klavierbegleitungen eingespielt, ich hatte Noten und Youtube Beispiele geschickt und alle hatten (fast) wöchentlich 30 Minuten Einzelunterricht Gesang. Durch die vorzeitig 2020 heimgekehrten Mädchen aus dem Ausland hatte ich tatsächlich 13 Mädchen im Alter von 13-19 Jahren. 

Auch Mädchen haben einen Stimmwechsel, sehr viel kleiner als Jungs zwar, aber wenn man weiß, wie es klingt, hört man es genau. Es scheint wie eine „Dauererkältung" zu sein, die Stimme klingt rauer, etwas heiser und tatsächlich sinken sie um 3 Töne etwa. Jungs sinken etwa um 8 Töne, eine Oktave, was naturgemäß deutlich auffällt. Wenn Jungen und Mädchen in der Zeit des Längenwachstums und der Hormonentwicklung und -umstellung behutsam weitersingen, ist das Rutschen der Stimme i.d.R. deutlich „eleganter", sanfter und leichter zu verkraften. Durch die besser genutzten und trainierten Muskeln „stürzen" die Stimmen nicht so ab und gleiten sanfter in die Männer/Frauenstimmlage. Das konnte ich auch bei den Mädchen erleben, daher war es auch sinnvoll in digitaler Form weiter zu singen.

Die Arbeit war aufwändig für uns alle, aber die Ergebnisse waren stimmlich recht gut, die Mädchen haben sich doch auch in diesem Format weiter entwickeln können und ich hatte die Gelegenheit, die Stimmen sehr genau zu hören und besser zu begleiten. 

Leider konnten wir keinen Termin finden für ein Abschlusstreffen, um uns gegenseitig die Lieder vorzusingen, zu quatschen, gemeinsam zu kochen und essen, das war extrem schade.

Wie es weiter geht mit dem Mädchenchor ist schwer zu sagen, da wir nach den Sommerferien nur noch 6 Mädchen haben werden, Nachwuchs in den Coronazeiten zu finden ist sehr schwer.«